Sehr viel Information & Koordination jeden Tag

Endlich komme ich wieder zum Schreiben!

Ihr Lieben, ich hoffe, Ihr hattet alle einen großartigen Sommer und seid gut in den Herbst gestartet.

Für mich sind diese Wochen seit dem zweiten Jahrestag meines Unfalls (30. Juli) im wahrsten Sinn des Wortes wie im Fluge vergangen, denn ich habe tatsächlich so viel Zeit im Flugzeug zwischen Wien und Innsbruck verbracht, wie noch nie zuvor in meinem Leben. Seit diesem für mich denkwürdigen zweiten Geburtstag fühlt sich vieles so an, als wäre nach den zwei ersten Jahren im Rollstuhl eine Phase zu Ende gegangen und hätte etwas Neues angefangen.

Apropos gehen: Wirklich unglaublich, was das kleine Handyvideo auf Facebook über meine ersten „Gehversuche“ im neuen Leben für eine Resonanz ausgelöst hat. Viele Medien im In- und Ausland haben das Thema aufgegriffen und weil es ein wenig so rübergekommen ist, als könnte ich jetzt tatsächlich selbst wieder gehen: Nein, kann ich nicht! ;-)

War dennoch ein geniales Gefühl, weil mein Hirn ja noch weiß, wie gehen ist: Indego ist ein Exoskelett, das leichteste am Markt und ich durfte es einmal ausprobieren. Es hat meine Beine ganz automatisch bewegt, womit ich sehr happy war und was die Experten verblüfft hat, war, dass ich mich mit dem Oberkörper so gut stabilisieren konnte. Also doch noch ein kleines, medizinisches Wunder ;-)

Was für ein geniales Gefühl! ???? Dank Indego konnte ich heute wieder ein paar Schritte machen ???????????? #walking #happy #indego #thankyou

Posted by Kira Grünberg on Donnerstag, 14. September 2017
 
© Tanja Cammerlander

So wie diese Erfahrung, ist auch seit meiner politischen Kandidatur für Sebastian Kurz sehr vieles völlig neu für mich. Sehr viel Information jeden Tag, sehr viel Koordination, sehr viel zu tun und noch viel mehr zu lernen. Nach inzwischen acht Wochen in der Politik habe ich viele Einblicke gewonnen und stehe trotzdem noch immer ganz am Anfang. Nachdem ich alles andere als eine „gelernte Politikerin“ bin (was interessanterweise sehr viele sehr gut finden, während es mir andere vorwerfen), tue ich gar nicht so, als wäre ich es – was auch nicht allen gefällt. Wenn ich (manchmal ziemlich heftig) kritisiert werde, weil ich gerade erst anfange, denke ich mir immer: Auch die routiniertesten Politiker müssen ja irgendwann einmal Neulinge gewesen sein. An die Anfänge von Sebastian Kurz in der Bundespolitik kann ich mich selber noch gut erinnern, war auch nicht so easy für ihn – er war damals ein bissl jünger als ich jetzt.

Eines freilich kann ich jetzt schon sagen: Vor dem Beruf PolitikerIn und vor allen, die diesen Job machen, habe ich nach meinen zwei Monaten „Schnupperkurs“ mehr Respekt, als davor. Es ist ein sehr glattes Parkett. Auch im Rollstuhl.

Konnte ich mich in den ersten beiden Jahren zu 100 Prozent auf meine Trainings- und Therapieeinheiten konzentrieren, fällt es mir jetzt nicht immer leicht, sie zeitlich unterzubringen. Die Kandidatur ist vor allem eines – sehr zeitaufwändig, gerade jetzt, im sogenannten Wahlkampf. Ich kann ja mit diesem Begriff ehrlicherweise nicht wirklich viel anfangen, weil in mir bei jedem Mal hören der Gedanke aufpoppt: Wird nicht eh schon viel zu viel gekämpft auf dieser Welt? Naja: Es ist, was es ist.

Ich bin bei den wichtigsten Veranstaltungen unseres Teams, ansonsten konzentriere ich mich darauf, inhaltlich sattelfest zu werden.

Behindertenpolitik und Inklusion zählen bekanntlich zu den komplexesten Querschnittsmaterien überhaupt und es ist unglaublich bewundernswert, was Franz Joseph Huainigg in 15 Jahren als Behindertensprecher der ÖVP im Parlament alles erreicht hat und wie sehr er über die Parteigrenzen hinaus dafür geschätzt wird.

Er unterstützt mich als Mentor, dafür bin ich ihm sehr dankbar. Wann immer Zeit ist, arbeite ich wieder ein Stück der 2.000 bis 3.000 Seiten mit dem aktuellen politischen und gesetzlichen Status quo durch, den mir Franz Joseph ausgedruckt hat. Ein Crashkurs, aber es wird. Die obligatorischen Wahlwerbe-Aktivitäten versuche ich zeitlich einigermaßen im Rahmen zu halten, um stattdessen Zeit für Austausch mit NPOs und Initiativen, die sich für Menschen mit Behinderung engagieren, zu nutzen. Dort ist naturgemäß sehr viel Expertise und sollte sich nach dem 15. Oktober herausstellen, dass ich tatsächlich als Behindertensprecherin im Parlament arbeiten darf, möchte ich schnell loslegen können. Zu tun gibt es im Sinne und zum Wohle behinderter Menschen noch mehr als genug in Österreich.

© Tanja Cammerlander

 

Zum Schluss noch die wichtigste Erfolgsmeldung ;-)

Einer in unserer Familie hat seit einem Monat bereits sein fixes Mandat: Balu, als mein Assistenzhund! Er ist bei seiner Prüfung (die wirklich nicht einfach war!) über sich hinausgewachsen, hat alle mit Charme und Kompetenz restlos von sich überzeugt und ist jetzt offiziell Assistenzhunde-Vertreter der Liste Labradoodle im Hause Grünberg. :-)

Ich halte euch am Laufenden und melde mich so bald wie möglich wieder – noch vor der Wahl, Wahlversprechen!!! ;-))

Alles Liebe, eure Kira

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